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Bühne und TV | ![]() |
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Encuentro-Begegnung
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Orient Magazin: Wie ist es zum dem Bühnenprogramm Encuentro gekommen? NASSIM: Es fing damit an, dass ich nach zehnjährigem Schwerpunkt Orientalischem Tanz eine weitere Herausforderung suchte. Ich fing an, bei verschiedenen Lehrern Flamencounterricht zu nehmen und musste mich zuerst vom Körper- und Tanzgefühl her völlig umstellen. Körperhaltung und Körperspannung sind ganz anders als beim orientalischen Tanz und der Erfolg ist bei weitem nicht so schnell zu erkennen. Die Idee, auf der Bühne etwas zusammen mit Flamenco zu machen war seitdem in meinem Kopf. Aber das "Wie?" musste sich erst herauskristallisieren und konnte nur durch die intensive Auseinandersetzung mit beiden Tanzstilen erwachsen. Vor drei Jahren lernte ich dann Maria del Mar kennen, zunächst als Lehrerin. Ich war so richtig im Flamencofieber und merkte mit der Zeit, dass sich natürlich auch meine Art, orientalisch zu tanzen, verändert hatte. Ich war zwischen der weichen, geschmeidigen, lebensfrohen Ausdrucksform des Orientalischen Tanzes und der des strengen, ernsten, spannungsgeladenen Form des Flamencos hin- und hergerissen. Für mich gab es Gemeinsamkeiten und Unterschiede und ich wollte gerne eine Verbindung zu beiden schaffen. Für die vierte Orientale in Düsseldorf ging ich dann das Projekt der Begegnung an. Die Werkstatt ist der geeignete Ort für so ein Vorhaben: Ein Ort der multikulturellen Begegnung und offen für Experimente. Seit 1980 war es immer wieder die Werkstattbühne, auf der ich neue Ideen ausprobieren konnte. Sowohl meine Soloprogramme wie auch z.B. das Tanzstück "Frauengesichter" sind dort aufgeführt worden. Ich sprach also Maria an und machte ihr den Vorschlag, sowohl den traditionellen Teil beider Tänze darzustellen als auch Berührungspunkte herauszuarbeiten. Für mich war es klar, dass ich auf die rhythmischen Zapateados (Fußpercussion) von Maria tanzen wollte, dass die Oud und die Gitarre sich gegenseitig inspirieren können, dass der Tanz mit dem Schleier und dem Manton eine Verwandtschaft nahe legt, dass die Zimbeln und Kastagnetten etwas Gemeinsames zur Tanzbegleitung bieten, dass es in der Musik und im Tanz vielfältige Berührungspunkte gibt. Maria sprach mit ihrer Gruppe und sagte zu. So entstand das neue Ensemble mit fünf Musikern und zwei Tänzerinnen. Mit einer großen Portion Idealismus gingen wir daran, in monatelanger Kleinarbeit etwas völlig Neues zu entwickeln. Deshalb haben wir unser Programm urheberechtlich schützen lassen, um gegen Nachahmungen vorgehen zu können. Gerade für die Flamencogruppe war es sehr ungewohnt, den traditionellen Rahmen zu verlassen und mit anderen Stilelementen zu experimentieren. Da ich immer auch mit Ausdrucksformen außerhalb des traditionellen Rahmens im Orientalischen Tanz experimentiert habe, fiel es mir nicht mehr so schwer, meiner Phantasie freien Lauf zu lassen und mir zu erlauben, etwas anderes zu tun als das, was erwartungsgemäß mit dem orientalischen Tanz verbunden wird. Orient Magazin: Da Du selbst seit einigen Jahren Flamenco lernst, hast Du nicht daran gedacht, diesen selbst zu tanzen? Es gibt ja einige Tänzerinnen in der Orientalischen Szene, die das schon gemacht haben? NASSIM: Was ich bisher dazu gesehen habe, war nicht Flamenco, sondern das Klischee von Flamenco. Gerade in Maria hatte ich das Beste Beispiel dafür, das es noch Jahre braucht, um den Flamenco so gut wie sie zu tanzen. Für mich ist der Flamenco ein Hobby und der Orientalische Tanz meine Profession. Sicher, das Programm wäre nie entstanden, wenn ich mich nicht auf dem Gebiet Flamenco weitergebildet hätte, um dann später Maria als Tanzpartnerin anzusprechen. Aber von Anfang an ging es darum, beides auf hohem Niveau darzubieten. Seit der Premiere von Begegnung, die im letzten Jahr stattfand ist das Programm völlig überarbeitet worden; so ist ein Säbeltanz hinzugekommen. Ein Programm lebt und entwickelt sich mit den Live-Auftritten weiter. Wir haben die Themen und Tänze erweitert. Maria tanzte zuerst einen Tiento und dann eine Alegria mit der Bata de Cola (Kleid mit Schleppe). Ich zeigte einen klassischen orientalischen Tanz und meinen Säbeltanz. Orient Magazin: Einen überlieferten, traditionellen Säbeltanz gibt es also gar nicht? NASSIM: Der Säbeltanz als Solotanz in seiner heutigen Form ist weniger traditionell. Ich sprach mit Prof. Hassan Khalil aus Kairo darüber und er sagte mir, dass es Berbertänze gäbe, in denen nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen mit dem Säbel in einem Gruppentanz demonstrieren, dass sie freie, selbstbewusste und starke Frauen sind. Ich habe bis heute keinen überlieferten Tanz gesehen, allenfalls Darstellungen auf Gemälden aus dem 19. Jahrhundert. Ich persönlich habe meinen ersten Säbel aus Amerika mitgebracht. Meine erste Inspiration erhielt ich 1985 von Shukrya, der Organisatorin des jährlich in San Francisco stattfindenen Rakkasa-Festivals. Ich lernte sie auf ihrer Reise durch Deutschland kennen und folgte ihrer Einladung nach Amerika zum Festival. Dort sah ich verschiedene Interpretationen des Säbeltanzes und Shukryas Ansatz, Elemente aus dem Tai chi zu benutzen, gefiel mir am besten. Für mich war es klar, dass mein Säbeltanz auch kämpferische Elemente enthalten sollte, und so nahm ich Unterricht bei einem Kung-Fu-Lehrer und bat meine damalige Akrobatik-Lehrerin ebenfalls um Unterstützung. Im Programm Frauengesichter habe ich mit der Regisseurin Berna Uythof ebenfalls u.a. auch an dem Säbeltanz gefeilt. Die jetzige Fassung ist mindestens die zehnte Version. Immer hatte ich neue Ideen. Bis es diese Geschichte wurde, die ich im Tanz zeige. Die Musik habe ich auch selbst kreiert und im Studio mit Musikern arrangiert. Orient Magazin: Mir ist aufgefallen, dass Du in der jetzigen Version von Begegnung mehr auf Live- Musik tanzt. NASSIM: Das stimmt. Im Gegensatz zur ersten Fassung hatten wir diesmal mehr Zeit, uns aufeinander einzuspielen. Es war für mich eine schöne Erfahrung, die Tänze mit Live-Musik zu kreieren. Es ist ein bisschen so, als wenn ich selber die Stücke schreibe. Natürlich haben wir uns an traditionellen Strukturen und Melodien orientiert, aber wir hatten die Freiheit, es so zu arrangieren, wie es meinem Tanzgefühl entspricht. Es war toll für mich, zu erleben, wie im Dialog mit den Musikern immer wieder neue Ideen entstehen und der Kreativität keine Grenzen gesetzt sind. Orient Magazin: Gerade bei dem Pendant Schleier-Manton fiel auf, dass einige Bewegungen z.B. der Wirbel ähnlich sind, die Stimmungen der beiden Requisiten aber ganz verschieden waren. NASSIM: Für mich war interessant zu erfahren, dass ausgehend von meiner anfänglichen Annahme der Ähnlichkeit von Schleier und Manton mehr und mehr die Verschiedenartigkeit herauskam. Ich lernte bei Maria einen Tiento mit Manton zu tanzen und habe dadurch selbst gespürt, dass der Manton eine völlig andere Mentalität hat und eine völlig andere Ausdrucksform benötigt als der Schleier. Vieles kommt eher aus dem Stierkampf und ist spannungsgeladene, dramatisch, ernst. Der Schleier ist eher ein verspieltes Tanzrequisit, leicht, mehr ein Hauch und entfaltet sich mit Hilfe des Elements Luft. Er ist ein Partner im Tanz und beflügelt zu phantasievollen bewegten Bildern. Um die Variationsbreite zu zeigen, habe ich zuerst mit zwei Schleiern auf eine lebendige Musik und dann im Taksimteil mit einem Schleier eine eher romantische, melancholische Stimmung interpretiert. Orient Magazin: Ihr habt dann ja praktisch Tanzstil und Musikrichtung getauscht, so dass Du zu einer Alegria und einem Tango getanzt hast, während Maria zu einem Oud - Taksim und den Klassiker Al Hinna getanzt hat. NASSIM: Wir haben uns die Aufgabe gestellt, mit unserem jeweiligen Tanzstil die Musik aus dem anderen Bereich zu interpretieren. Ich musste mich immer wieder zurückhalten, damit ich nicht in Flamencoschritte verfiel, da ich diese natürlich mit der Musik verbinde. Die Alegria steht im 12/4 Takt, während der Tango mit seinem 4/4 Rhythmus eher den orientalischen Rhythmen nahe steht. Ich nahm zu Cajón, einem Flamenco-Percussionsinstrument, die Darbukka zur Verstärkung meiner Bewegungen, da ich ja nicht selbst durch Zapateados mit den Füßen Akzente beim Tanzen setzen konnte. Bereits hier fing die Fusion beider Richtungen an. Für mich war es auch spannend zu sehen, wie Maria das Oud-Solo interpretierte. Sie setzte zur sanften Melodie immer wieder rhythmische Akzente mit ihren Füßen und es hörte sich stellenweise wie ein Dialog zwischen Melodie und Percussion an. Auch ihr Tanz auf El Hinna bekam einen beschwingten, fröhlichen Charakter gegenüber den vorherigen, eher ernsten Flamencotänzen. Orient Magazin: Es war dann für das Publikum auch spannend, als ihr das erste Mal zusammen auf Ancient Egypt getanzt habt. NASSIM: Es war in der Tat auch für uns spannend. Die fast meditative Stimmung der Musik legte für mich eine ruhige Interpretation nahe. Für Maria war es schon sehr ungewohnt, durchgängige ruhige, langsame Bewegungen zu tanzen und sich mit den Zapateados zurückzuhalten. Wir brauchten einige Zeit, unsere verschiedenen Vorstellungen in eine gemeinsame Choreographie einzubinden. Es wurde ein geheimnisvoller, mystischer Tanz. Die Stimmung war mir aus dem Orientalischen Tanz sicher eher vertraut als Maria. Der Erfolg beim Publikum mit diesem Tanz dankt uns unsere Mühe. Orient Magazin: Das Finale stellt ja den Höhepunkt des Programms dar. Zuerst habt ihr alleine, dann zusammen auf die verschiedenen Instrumente getanzt und auch Zimbeln bzw. Kastagnetten benutzt. NASSIM: Die Idee war, dass wir mit den verschiedenen Elementen, die uns aus den beiden Musik- und Tanzrichtungen zur Verfügung standen, spielerische Dialoge auf verschiedenen Ebenen führen. Die Musik beider Richtungen sollte miteinander kommunizieren. Dazu nahmen wir einen 4/4 Rhythmus aus beiden Richtungen, den Makqsoum und den Tango. Maria führte einen rhythmischen Dialog mit dem Darbukkaspieler, ich forderte ihn mit meinem Zimbelrhythmen heraus, Maria und ich führten im Tanz einen Dialog mit Zimbeln und Kastagnetten und natürlich setzte ich auch meinen lang gehegten Wunsch in die Tat um und tanzte auf Marias Zapateados. Wir haben im Programm zuerst einen Bogen vom Orientalischen Tanz zum Flamenco gespannt und sind dann im Finale zu Fusion gekommen. Orient Magazin: Die Kastagnetten haben ja erstaunlich gut mit den Zimbeln harmoniert. NASSIM: Es war eine schöne Ergänzung. Die Kastagnetten haben durch ihre andere Spieltechnik, z.B. durch die Rasguados, die Möglichkeit, schnelle, rhythmische Schläge zu spielen und klingen eher trocken. Die Zimbeln sind dagegen etwas schwerfälliger und glänzen eher durch ihren hellen Klang und die rhythmische Abgrenzung. Zusammen ist es eine spannende, abwechslungsreiche Dialogform. Orient Magazin: Dein Kostüm im Finale war ja eher Flamenco-mäßig. Aber der Zuschauer wusste da ja noch nichts von deiner Flamenco-Zugabe. NASSIM*: Ich habe ein Kostüm entworfen, das für beide Tänze geeignet ist und sich auch optisch anpasst. Ich habe mich von andalusischen Gemälden aus dem 19. Jahrhundert inspirieren lassen, auf denen auch Tänzerinnen dargestellt sind, die barfuß tanzen. Mir war es wichtig, dass das Kostüm auf der einen Seite schlicht ist, andererseits die orientalischen Tanzbewegungen gut erkennen lässt und auch geeignet ist, mit Flamencoschuhen zu tanzen. Orient Magazin: Die Buleria, die du als Zugabe getanzt hasst, kam ja bei den Zuschauern sehr gut an. NASSIM*: Nach dem vielschichtigen Finale, in dem wir mit den verschiedenen 4/4 Rhythmen variierten, musste für mich unbedingt eine unvorhersehbare Überraschung fürs Publikum kommen. Das war die Buleria, ein Zigeunertanz im 12/4 Rhythmus. Gerade die Buleria eignet sich besonders dafür, da sie viele Seiten hat; keck, spaßig, herausfordernd, virtuos, lustig, burlesk. Auch bei traditionellen Flamencoprogrammen wird sie gerne zum Abschluß genommen und ich sah sogar Musiker ein kleines Stück zu Spaß darauf tanzen. Maria und ich tanzten also zuerst einzeln und dann zusammen Buleria. Maria überraschte dann mit einigen orientalischen Bewegungen z.B.: dem Schultershimmy, und ich mit den typischen Buleriaschritten und Zapateados. Orient Magazin: Ist da Projekt Begegnung in seiner jetzigen Form für Dich abgeschlossen oder könntest Du Dir noch eine Weiterentwicklung vorstellen? Vielleicht auch mit der Fusion anderer Tanzrichtungen? Ein Bühnenprogramm lebt immer mit den Aufführungen. Oft fällt einem etwas Neues ein und man ändert etwas, streicht hier, fügt da etwas hinzu, variiert die Tänze, ohne dabei die gestellten Themen zu ändern. Ich würde gerne noch mehr auf Live-Musik tanzen und arbeite daran. NASSIM*: Zum zweiten Teil deiner Frage möchte ich sagen, dass Begegnung ein sehr neues Bühnenprogramm ist und hoffe, dass es noch viele Menschen auf unserer Tour sehen werden. Darüber hinaus bin ich immer offen für neue Projekte und interessante Ideen. |
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